Alte und neue Gedichte
Ohne
Die Leere eines Raums
erinnert uns an unsere Abwesenheit
und schreckt uns mit der Leere der Vergängnis
Ich merke, wenn es dich nicht gibt,
wird meine Existenz in Zweifel gezogen
Es ist wie ein notwendiger Geschmack,
der einer Frucht oder einem Getränk nicht fehlen darf
Was für sich genommen wenig scheint,
ist fast alles für den,
der damit sein Leben verbindet
Die Flüchtigkeit der Gegenwart ist eine Erinnerung
an die Fragwürdigkeit der Ewigkeit
Gegeben wurde mir dein Sein
wie der Flora die Luft,
ohne die man zwar welken,
aber nicht atmen kann
Ohne dich ist die Leere eines Raums
eine Tragödie ohne Worte.
Ode für meine Eltern
Der Glanz der Juwelen besprenkelt
mein Elend. Fremde Lebensfähigkeit
musste ich mir leihen. Dankbare Seelen
nahmen mich auf, hielten mich aus. Ich hoffe,
sie können mir ihr Opfer verzeihen.
Sie ließen mich bei sich wohnen
und fütterten mich mit dem Brot
ihrer Geduld. So ließ mein Aufstieg
sich schonen, gefördert von meiner untätigen
Schuld.
Die Privilegien des Wartens
vergalt ich mit Unterhaltung
und spendete Sanftmut, wo
es gelang. In meiner langsamen
Lebensgestaltung waren andere
die Glut, deren Asche nicht
meine Kristalle verschlang.
Depeche Mode Kind of Sonnet for You
When I walk home alone,
I know somewhere you support me.
This world may be soft as stone,
but yours is the best place to be.
We should say a word on your heart,
how it's generous, wounded for no good reason.
Reason is your magnificent part,
and irregularity meaner than treason.
Of many drinks consisted our past,
your patience was weaker, your hospitality strong.
If we're not meant for ever to last,
we recognise the memories to which we belong.
Darkness will never scare our dreams.
In common we have its rather rare beams.
Im Rahmen zwischen den Zypressen
Unsere Schlaflosigkeit ist ein Erwachen,
wenn der Kosmos sein Schicksal in uns legt.
Ungeplant ist, dass wir träumerisch über uns lachen
und der Wein des Genusses unsere Lippen bewegt.
Wehrlos sind unsere Scherze, unser Müßiggang,
unser Dämmer mit Feinsinn und Blumen.
Unsere Bescheidenheit verliert ihren Überschwang,
wir müssen mit Größe für Größe bezahlen,
und wie viel, das bestimmt verborgenstes Numen.
Nicht mehr werden Felder harmlos für uns sein,
das gelbe Gold der Ruhe wird zermahlen
wie Brösel Farbstoff, leuchtend und klein,
auf der Palette, wo alles sich zusammenfügt.
Stromlinien gerben unsere Adern wie Absinth.
Der Schwertlilie haben wir als Bewunderer nicht genügt.
Heißen Schnee wünschen die Sterne aus unserem Schweiß.
Apfelblüte entkommt uns, kaum wie einst noch lind.
Es rechnet das Blei der Tage mit unserem Fleiß.
Wir hätten die Schließung der Cafés voraussehen müssen.
Planetenmusik ist keine Freundin von irdischen Genüssen.
In der Umarmung ist für uns trotzdem weiter Platz,
und soll ich einmal ganz ohne Mühe weinen
wie um einen furchtbar verlorenen Schatz,
muss man deine Haut mit meinem Verlust nur vereinen.
Die Ewigkeit zu Gast im Warna meiner Kindheit
Auf der Mole stehe ich, die Sonne taut,
ein Augenblick vergeht, in dem ich ewig war,
die Wellen streicheln kalt die Steine des Zufalls,
ich bin jung, die Unabänderlichkeit klar.
Es ist einfach, aufs Meer zu schauen,
einfach ist es, weise zu sein:
Man braucht nur Einblick, etwa in die blauen
Töne des Wassers, grüner noch als Grün allein.
Etwas an diesem Tag macht mich alt,
ich müsste keine Fragen stellen.
Die Sonne, die matt glänzt, ist nicht kalt,
erhellt meine Einsicht, wärmt keine Wellen.
Ich verstehe viel, kann wenig sagen.
Mit meinem Verständnis steigt meine Unverständlichkeit.
In jeder Hinsicht kann ich das Meer ertragen,
doch lähmt es mich, bringt mich nicht weit.
Ich weiß, ich werde mich verändern,
um zu beweisen, dass es nicht zählt.
Seltsam, der Himmel wirft mir keines von Bändern
zu, womit der Aberglaube die Sicherheit stählt.
Dreizackige Steine wurden ins Meer geworfen,
um es abzuhalten von seinem Landgewinn.
Viele Pläne waren umsonst, umsonst nicht verworfen,
man begrüßte ihren Trug ohne Sinn.
Kindereisenbahnen wurden mühsam angelegt,
Großreiche fadenscheinig gegründet.
Bald hat die Niedergangsfähre abgelegt,
verschwindet im Meer, das im Unklaren mündet.
Auf der Mole stehe ich, bewege mich nicht,
unmerklich mache ich mich in meine Nacht auf;
wo andere Schnee vergessen und sehen ins Licht,
verlasse ich mich, verlassen, auf einen ungewissen Kreislauf.
Spuren für die Entdeckungsreise
Jedes Zeitalter hat seine Farben.
Jedes Licht passt zu seiner Zeit.
So sehe ich Bauern darben
im dichten Grau barocker Ärmlichkeit.
Schwärzer ist das Dunkel barocker Räume,
gefräßig nimmt es alles auf.
Trübe Natur lockert grüne Rokoko-Träume,
befreite Wollust nimmt frivol ihren Lauf.
Härte in der Renaissance ist Klarheit,
mit marmornen Reflexen unnachgiebig durchsetzt.
Schon sieht man, dass Wissenschaft aufschreit,
die nach der Macht der Religion lechzt.
Der Zugriff alter Zeiten wird greifbar,
Fortschritt ermisst man an Wolkenbildern.
Tote Darstellung stellt den Altar,
wovor ungezwungene Kenntnisse in Verlebtem wildern.
Der Schneeleopard
Es tut weh, den Schneeleopard zu bedauern.
Aus großer Weite in größte Enge kam er.
Graue Tage sieht er ihm auflauern,
und Runden drehen fällt ihm zusehends schwer.
Ganz alleine bekämpft er die Gleichgültigkeit
und steht da als Relikt alter Kraft.
Seine Anmut wird erniedrigt von Zeit,
die ihn mehr noch gängelt als Gefangenschaft.
Mit wachem Sinn erschnuppert er das aufziehende Gewitter,
als sei davon erregende Gefahr zu erwarten.
Dann legt er sich hin, ohne zu zittern.
Gnus nebenan veranschaulichen ihm die Vielfalt der Arten.
Seine Musterung wirkt wie ausgeblichen.
In seinen Augen spiegelt sich Gestein ferner Berge.
Hat er sein Los mit seiner Befähigung verglichen,
tritt er ab von der Bühne der Zwerge.
Belonging: Currents of a Sense
Die Zugehörigkeit ist ein Spiegel, in dem sich vieles spiegelt.
Eigentlich kommt Zugehörigkeit davon, dass alles zusammenhängt.
Theoretisch müssten wir uns allem und allen zugehörig fühlen.
Das tun wir erfahrungsgemäß nicht.
Stattdessen suchen wir uns aus, zu wem oder wozu wir gehören
wollen, oder wir werden ausgesucht, um zu jemandem und zu etwas zu
gehören. Manchmal ergibt sich auch von selbst ein Band, das uns
zugehörig macht, ohne dass die Zugehörigkeit überhaupt irgendwie gewollt
gewesen wäre.
Im Rahmen der allgemeinen Zugehörigkeit gibt es insofern
unglaublich viele Zugehörigkeiten, etwa so, wie das Gesicht einer Person
unfassbar viele verschiedene Masken tragen kann.
Zugehörigkeit kann ein Gefühl sein, wenn wir uns mit einem
Menschen, mit einem Lebensgefährten oder einer Lebensgefährtin, mit
einem oder einer Geliebten, mit unserer oder einer anderen Familie, mit
unserer oder einer fremden Stadt, mit einem Grundstück und einem Haus
darauf, mit einer Idee, an der wir hängen und die uns motiviert, ja
sogar mit einer bestimmten Arbeit, der wir uns widmen, fest genug
verbunden fühlen.
Die Zugehörigkeit kann eine gefühlsferne neutrale Tatsache sein,
wie sie das durchaus ist, wenn unsere Geburt unabänderlich zu einem
fixen Geburtsdatum und zu einem gewissen Geburtsort gehört.
Zugehörigkeit kann übergriffig und negativ von außen zu uns kommen,
falls zum Beispiel ein diktatorischer Staat einen Menschen zum Untertan
macht, ihn gängelt und ausbeutet.
Zugehörigkeit kann es ohne Gefühl geben, wenn ein Mensch sie
erträumt und sie in seiner Vorstellung fingiert, beispielsweise dann,
wenn man glaubt, am 04.01.1913 geboren worden zu sein, während man in
Wirklichkeit am 05.05.1914 "das Licht der Welt erblickte".
Zugehörigkeit kann uns Erfüllung schenken, Freude bringen, Halt
geben, nachdenklich stimmen, zum Zweifeln anregen, in schlechte Stimmung
versetzen, deprimieren, mutlos machen, zum Widerstand reizen, zur
Neuerfindung unser selbst animieren.
In den unterschiedlichsten Facetten der Zugehörigkeit spiegelt sich unser Einzelleben.
Aber der Spiegel der Zugehörigkeit ist gewissermaßen flüssig. Er
kann sich praktisch jederzeit auflösen und einem neuen Spiegel Platz
einräumen.
Nichtsdestotrotz vermittelt uns die Zugehörigkeit das Gefühl, auf
festem Boden zu stehen und uns in einem dunklen Labyrinth an sicheren
Wänden abstützen zu können.
Wir brauchen die Zugehörigkeit, so flüchtig sie auch sei.
Glücklicherweise enttäuscht sie uns eher selten. Etwas Zugehörigkeit bleibt immer an unserer Seite.
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