Magazine for Sexuality and Politics

Körper und Schönheit in den Augen der Betrachtenden

Tarang Taswir

Wenn ich hinter die Kameralinse spähe, beobachte ich, wie die leuchtenden Farben sich über das runde Gesicht meines Modells ergießen und ein schlankes Chamäleon voller Farben mimen. Wir sind zweifellos sensorische Geschöpfe, doch die Menge an Aufmerksamkeit, die wir unserer Körperwahrnehmung schenken, übersteigt die uns innewohnenden Gemütsverfassungen und die Talente, die wir besitzen. Während die Body-Positive-Bewegungen uns daran erinnern, unsere Körper zu lieben und zu schätzen, egal welche Größe oder Form sie haben, beflecken die wissenschaftlichen Gesetze der Anziehung doch die bemerkenswerte Frau in uns. Die großen Werbemaschinen und Filmindustrien von Bollywood und Hollywood sind definitiv schuld daran, dass die Wahrnehmung von Schönheit aus einem männlichen Blickwinkel heraus verstärkt wird.

Auch Männer werden von der Beurteilung des Aussehens ihrer Körper nicht verschont. Mit dem Aufschwung von Männersalons und Wellness-Tempeln hat auch das männliche Aussehen längst Einzug in die Arena der Schönheit und Mode gehalten. Dennoch bleiben die geschlechtsspezifischen Unterschiede bestehen, wobei Frauen eher auf der Empfängerseite stehen. Ich beobachte ja, wie Menschen Frauen wahrnehmen, die in ihren späteren Jahren an Gewicht zugelegt haben.

Sie etwa sind 40 Jahre alt, und lange Stunden Schreibtischarbeit haben Ihnen einiges an zusätzlichem Gewicht beschert. Mit großem Enthusiasmus wenden Sie sich an alte Freunde, die Sie in Ihren 20-ern gesehen haben, als Sie dünn waren und 132 Pfund wogen, und mitten im Gespräch sagen die Ihnen zufällig: "Du hast dich sehr verändert!" Sie bemerken schnell, dass sie auf Ihr Übergewicht anspielen, und Sie ignorieren es und versuchen, normal zu klingen: "Also sag du mir, was hast du denn so gemacht?" Ja, Sie haben sich in der Tat weit von der Wärme des Plauderns mit Ihrem alten Freund entfernt und fühlen nun die Seltsamkeit des Ganzen.

Es ist schwer vorstellbar, dass es wirklich gar keine Rolle spielt, wie sehr man Fortschritte in seiner Karriere gemacht hat oder als Person gewachsen ist oder welche Orte man bereist hat, abgesehen von der großen Veränderung, die darin besteht, eine Extragröße zu sein.

In unserer inneren Welt hat Schönheit eine dunkle Seite, wenn wir die Ränder infrage stellen, wo der Körper zu einem Element der Kultur und der Überprüfung durch die Gesellschaft wird. Die Zeit verändert unsere Körper, die eine Verwandlung hin zu neuen Dimensionen und Texturen erfahren, und wir sollten dies eigentlich als normal und akzeptabel hinnehmen, aber soziale Normen und Schönheitsmaße machen diese Veränderung umstritten. Die Überbetonung des menschlichen Körpers und seine Objektivierung hat eben ihre Auswirkungen.

Der menschliche Körper, den Virginia Woolf in ihrem Roman "The Waves" (1931) beschreibt, ist eine Wirbelsäule aus Wachs, die in der Nähe der Kerzenflamme schmilzt, wodurch der gesamte Körper seine Festigkeit verliert, zu Weichheit reduziert und dann transparent wird. Die Veränderung der Körperform in Virginia Woolfs literarischer Prosa ist das Ergebnis verheerender Auswirkungen gesellschaftlicher Normen, die den Geist und die Seele in Mitleidenschaft ziehen. Während die Veränderung unseres Körpers auf verschiedene Aspekte zurückzuführen sein kann, die mit Gesundheit, Stress etc. zu tun haben, sind die Gründe dafür nicht greifbar. Unsere Identität und unser Selbstvertrauen können sich verflüchtigen, wenn wir nicht dem idealen Schönheitsmaßstab entsprechen oder ständig unter Druck stehen, diesem zu entsprechen.

Ich möchte, dass der Körper so gesehen wird, wie Virginia Woolf es einmal sagte, nämlich als "ein Körper ohne Grenzen", der Gefühle und psychologische Zustände abbilden kann und nicht nur ein Maßstab für Aussehen und Schönheit ist.

Eine Studie von Douglas T. Kenrick, Psychologieprofessor an der Arizona State University, zeigt, wie eine übertriebene Empfänglichkeit für Schönheit unsere Wahrnehmung beeinflusst. Er beschreibt es so: "Der schädliche Nebeneffekt für Jungs ist der, dass echte Frauen nicht mehr ganz so attraktiv aussehen, wenn der Verstand erst einmal darauf geeicht wurde, anzunehmen, dass die Hochglanzfotos normal sind. Und für Männer in Beziehungen untergräbt der Anblick schöner Fotos ihre Gefühle für die realen Frauen aus Fleisch und Blut, mit denen ihr Leben tatsächlich verflochten ist."

Die Grenzen zwischen dem imaginären Körper und dem realen Körper sind in einer Kultur, die mit Medienbildern von Sanduhrfiguren gesättigt ist, schwer auszutarieren, aber völlig unmöglich ist das dennoch nicht. So wie wir unsere Ernährung kontrollieren, um den Cholesterinspiegel gleichbleibend zu halten, können eine ausgewogene Gesellschaft und ein schöner Geist den Weg ebnen, um das fabrizierte Körperbild zu zerschlagen.

Um zu meinem Anfangsgedanken zurückzukehren: Mein Modell mit etwa 190 Pfund ist bereit für die nächste Aufnahme, es strotzt vor Selbstvertrauen und scharfen Augen und ist hoffentlich viel besser im Umgang mit alten Freunden!

Bibliographie:

Kenrick, D.T. (1980) Contrast Effects and Judgments of Physical Attractiveness: When Beauty Becomes a Social Problem. Journal of Personality and Social Psychology, 38(1): 131–140.

Woolf, V. (1931). The Waves. Hogarth Press.

Kommentare ()

    Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Kommentare werden erst nach Moderation freigeschaltet.